Ich nehme mir ja seit Jahren vor, mir keine Neujahrsvorsätze mehr vorzunehmen. Zum einen haben Neujahrsvorsätze ja immer so einen Hauch Unangenehmes. Man nimmt sich ja selten vor, Dinge zu tun (oder zu unterlassen), die eh gut laufen. Nein, es sind immer die Dinge, bei denen man sich nicht so gut fühlt und wo man glaubt, etwas ändern zu müssen. Ich sag mal so: Da steigt meine Herzfrequenz schon an, bevor ich mich noch auf die Suche nach meinen Laufschuhen begeben habe.
Zum anderen schwebt so ein ewiges Damoklesschwert namens Durchhaltevermögen über einem.
Unter uns, oder, wie wir Niederösterreicher sagen würden: „Samma s´es ehrlich“: Wie sexy ist die Kombo aus Damoklesschwert mal Schweinehund?
Not.
Und weil ich mir vorgenommen habe, mich nicht mehr selbst zu frustrieren, habe ich mir zusätzlich einfach vorgenommen, mir keine Vorsätze mehr vorzunehmen.
ACHTUNG: Paradoxon-Alarm!
I knooooow.
Aber es ist davon auszugehen, dass dieser Beitrag noch mehr davon enthält. Nur so als kleine Vorwarnung. To myself. Maybe.
Die Klassiker:
Mehr Sport: Theoretisch bei einem derart unsportlichen Wesen wie mir keine große Herausforderung
Gesündere Ernährung: Wir alle wollen nicht, dass das der erste Blog wird, in dem ich „DIE Backzeit“ nicht erwähne
Sparen: Sorry, aber Bücher sind einfach keine Ausgaben, sondern eine Investition fürs Leben. Außerdem schauts einfach im Regal viiieeel besser aus, wenn man sie ALLE hat und nicht einfach nur ausleiht und dann wieder zurückgibt. Naja und das kiloweise Bastelzeug vielleicht. Für die Kinder. Nur für die Kinder.
Mehr Ordnung im Haus/im Leben: OK. Ich hab die besten 3 Ausreden meines Lebens. Und viel Bastelzeug.
Mehr Fahrrad, weniger Auto: Ich kann nichts dafür. Ich bin einfach auf der falschen Hemisphäre zur Welt gekommen. Äquator wär mein Zielgebiet Nr. 1. Eine Jahreszeit würde mir vollkommen reichen. Das Leben in Flip Flops ist einfach so viel besser! Ich liebe die Sitzheizung unseres Autos. Punkt. Außerdem sind wir eh immer zu spät. Mit Fahrrad stehen die Chancen gleich Null, dass ich irgendwann noch irgendwie pünktlich bin.
Mehr Ruhe, weniger Stress: Hahahahahaha. Just not me.
Bevor ich mich also wohlwissend selbst frustriere, lass ich´s einfach gut sein. Es gibt dehnbare Jeans, in jedem Pommes steckt ein Stückchen Erdapfel, wenn man nur fest genug draufdrückt, passt immer noch was in eine Schublade, sobald es ein Fahrrad mit Sitzheizung gibt bin ich voll dabei und das mit der Ruhe – davon bekomme ich in einem letzten Lebensabschnitt vermutlich noch mehr, als mir lieb ist. Ergo… Alles fein.
Aber dann.
Das Jahresende kommt immer näher und, ob ich will, oder nicht, irgendwie revuepassiert das letzte Jahr dann doch immer mit mir. Und um die Jahreswende herum schwirren dann Gedanken zum vergangenen Jahr. Meistens in einem unaufmerksamen Moment, wo man gerade nichts Besseres zu tun hat – oder, wie in meinem Fall – gar nicht so richtig im Stande ist, überhaupt irgendwas aktiv zu TUN. Bei mir ist das dann oft der 1. Jänner.
Die Kinder sind da meist sehr spaßbefreit und stehen dann doch zu ihrer gewohnten (frühen [sic!]) Zeit auf, haben auch wenig Mitleid, wenn man selbst noch nicht so ganz bodenfest auf den Beinen ist. Der ganze Tag ist gekennzeichnet von drei Schritten nach vorne und zwei zurück (was wollt ich jetzt eigentlich gerade machen?), das meistgesagte Wort in dem Jahr ist dann ein fahles „ah pffff“.
Und genau in diesem Zustand nach einem Breakfast for Champions bewegen wir uns dann immer Richtung Keller. Keller in dem Fall IST GLEICH Whirlpool und Sauna. WIR – das sind ein ganzer Haufen voll Frauen, die sich dann traditionell das Recht herausnehmen, die ersten im Jacuzzi zu sein. Zuerst die Frauen, dann die Kinder, dann die Männer. So will es das slowenische WirfeierngemeinsamSilvesterGesetz. Und das WirfeierngemeinsamSilvesterGesetz beinhaltet auch ein NiemandsonstdarfdieSperrzonebetretenaußerernimmteineBestellungaufundliefert und ein DieMännergehenmitdenKindernrausdamitsieihrenAuslaufbekommenweilirgendwermusssichjaumdasWohlderKidskümmernGesetz.
Großartig sag ich euch. Noch großartiger, weil dieses Jahr hatten wir ein besonders fantastisches Santa-Topic: „Something I would wish for. Better me – thanks you.“
Santa-Topic bedeutet: 1 Thema, 1 Santa, 1 maximal 15€ Geschenk und es wird ausgelost.
Und was soll ich sagen? Meine Rechnung ist vooooollll aufgegangen. Ich dachte mir nämlich, ich verschenk einfach ein 15€ Wellness-Packerl. Mit ein bisschen Glück zieht es einE und verwendet es dann gleich vor Ort am Jacuzzi-Tag. Und mit noch ein bissal mehr Glück hab ich auch was davon.
Und was packt man in so ein Wellness-Packerl? Ganz klar: Alles was rosa ist, glitzert, duftet, blubbert UND eine Gurke. Die Gurke, die man sich dann scheibenweise auf die Augen klatscht.
Ganz ehrlich: Ich hab mir in meinem ganzen Leben noch nie Gurken auf die Augen geklatscht, es war mehr so der Gag im Sackerl. Bio selbstverständlich.
In Slowenien lässt es sich immer gut über das Jahr sinnieren. 4 Tage, 15 Erwachsene, 17 Kinder, der Großteil davon Freunde seit fast 20 Jahren, 1 Haus in den Bergen und ganz viele selbstgemachte Traditionen. Einmal im Jahr sehen wir uns alle. Und auch, wenn die Treffen dazwischen irgendwo zwischen einmal und gar nicht liegen, es sind und bleiben extrem liebe, sehr vertraute Menschen, die man kennt, die einen kennen. Und in 20 Jahren passiert auch einiges. 17 Kinder zum Beispiel.
Und wenn man sich ein ganzes Jahr nicht sieht, dann holt man das in der Zeit dann auch meist wieder irgendwie auf und erzählt sich so im Laufe der Zeit die wichtigsten High- (und zumeist auch Low-)lights eines Jahres. Oft so in kleinen Grüppchen, später am Abend, mit einem Gläschen irgendwas in der Hand den slowenischen Sternenhimmel in voller Bergpracht über uns.
Und was „die“ Slowenen (ich pack sie jetzt einfach mal alle unter einen Hut, so viele sind sie dann ja doch nicht) wirklich gut können, nebst feiern versteht sich, ist zuhören. Zuhören, verstehen, nachvollziehen UND unkomplizierte (ohne Schnick Schnack Schnuck) Antworten geben. Sie freuen sich mit dir über ein Highlight, bei einem Lowlight hören sie zu und schaffen es immer, ganz unaufgeregt einfach da zu sein. Zu verstehen. Meistens reicht das vollkommen aus. Meistens möchte man in so einer Situation einfach eh nur mal laut aussprechen und braucht dann einfach ein Pendant, das leise zuhört.
Theoretisch, würden wir im wildesten AT Dialekt reden, würden wir sehr wahrscheinlich eine gemeinsame Sprache sprechen. Ich sag nur: „Spoachat“ (Sparherd), „Schraufenziecha“ (Schraubenzieher), „Auspu“ (Auspuff), Tschick (das ist international, genauso wie Schnaps), „Fersterkerei“ (Verstärker), „Schibbedach“ (Schiebedach), „Kremschnitta“ (Cremeschnitte),...
Einmal im Jahr müssen wir dann selbstverständlich auch darüber diskutieren, wer von wem welche Wörter ausgeborgt hat und ob sie sich wirklich sicher sind, dass die Lipizzaner aus Lipica kommen. Meistens geht´s dann auch immer noch einmal um die berühmte Wurst. Kranj hin oder her. Von mir aus dürfen sie sich die Lipizzaner behalten, aber bei den Käsekrainern hört sich der Spaß auf! Freundschaft hin oder her.
Zurück ins Jacuzzi. Als wir Mädels da also im Sprudel mit Sprudel noch recht müde im Jacuzzi herumkugeln und sich gelegentlich ein Seufzer des Wohlbefindens selbständig macht, kommt die beschenkte Santa-Fee mit dem Wohlfühlpackerl UND der Gurke. Zuerst wurden alle Gläser nochmal mit Sprudel aufgefüllt und dann wurden die Gurkenscheiben verteilt.
Wusstet ihr eigentlich wie unglaublich Gurkenscheiben auf den Augen sind? BOAHHHHHHHH. Die absolute Tiefenentspannung, sag ich euch! Wahnsinn!
Und als ich da so tiefentspannt mit Sprudel und Gurken auf den Augen im Sprudel lieg, fängt mein Gehirn so ganz leise an zu sinnieren. Darüber, wie das letzte Jahr so war und auch darüber, was ich mir fürs nächste Jahr wünschen würde. Keine Neujahrsvorsätze, versteht sich. Nur so wünschen.
Und da ist es mir wie die Gurken von den Augen gefallen:
Mehr „Cucumber & Bubbles“.
MEIN Motto für 2025.
Ich fand´s großartig. In der Sauna hab ich dann kurz darüber nachgedacht, ob es nicht auch gleich ein Buchtitel werden könnte. Aber ich frage euch, womit füllt man ein ganzes Buch, das „Cucumber & Bubbles“ heißt?
„Cucumber & Bubbles“ also.
Es geht um die Entspannung, die Leichtigkeit, den Genuss, den Flow, das Bewusstmachen, dass es so viele tolle Menschen um einen herum gibt (die sogar Sprudel und Gurken teilen), das Sich Selbst Mal Danken, Sich Selbst Mal Loben, Sich Selbst Mal Auf Die Schulter Klopfen, sich mal umzudrehen und zu schauen, zu sehen, was man in seinem Leben eigentlich schon alles geschafft und erschaffen hat und dann auch mal ganz bewusst zu staunen und zu sagen: „Woooooow!“ Es geht auch um´s Vertrauen. In sich und in die Zukunft.
Mhmmmm. Ahhhhhh. JA! So würde mein Jahr werden!! Chin Chin! Auf die Gurken und den Champanski!
Aber dann.
Aber dann waren wir wieder zurück zu Hause. Das neue Jahr hatte schon ein paar Tage am Buckel, nach den ganzen Feierlichkeiten war wieder Alltag angesagt.
Ich weiß gar nicht mehr ganz genau, was alles Thema war, es sind auf jeden Fall ein paar zusammengekommen. Zu allem Überdruss ist dann auch noch unsere liebe Familienkatze verschwunden und nicht mehr wieder aufgetaucht. Und dann gabs auch beruflich noch eine paar Sorgen. Jedenfalls waren an dem Abend die Kids noch bei der Oma, ich alleine zu Hause (Zeit zum Nachdenken).
Mein Mann kam dann erst später, er hatte noch nicht mal seine Jacke ausgezogen, die Brillen waren von draußen noch ganz beschlagen und ich hör nur ein: „Hallooo! Wie geht´s dir? Wie war dein Tag?“.
Meine Antwort hat bestimmt mit einem Schnaufen begonnen und dann mit: „Das hab ich nicht geschafft…“ und „da ist mir das passiert“ und „was ist wenn…??“ und „müssen wir uns Sorgen machen wegen…?“ und „wie wird das jetzt werden?“ und „wenn das dann nichts wird?“ und „wenn ich dann auch noch…“ und überhaupt: „Die Kaaatzeeeee….“ geendet.
Das sind dann die Momente, wo man dann plötzlich alles hinterfragt. Auch das, was bisher im Leben immer schon als fix gesetzt gegolten hat. Wo man alle Sorgen, Befürchtungen, Ängste und was auch immer so an anderen negativen Gefühlen gerade im Raum herumschwirrt, auf den Tisch haut:
Die Vergangenheit, die Gegenwart, die Zukunft, die vier Jahreszeiten, den Job, die Familie, die drei Aggregatzustände, die Umwelt und ihre Krise mit dem Klima, die ach so rosigen Wirtschaftsprognosen
als alte Wirtschaftswissenschafterin muss ich da unbedingt noch folgenden Hinweis loswerden: „Z`tod gfuachtn is ah gstuam!“ just saying!
die Kriege, die Politik (oh mein Gott, die Politik), die Gesellschaft, die Menschheit und ÜBERHAUPT DAS GANZE SYSTEM!
Und wo? Wo bitte ist diese verdammte Katze???
Boah war das anstrengend.
In der Zwischenzeit war dann auch die Brille meines Mannes nicht mehr angelaufen, wär auch gar nicht möglich gewesen, weil seine Ohren vom vielen Zuhören schon geglüht haben und damit für den erforderlichen Temperaturausgleich gesorgt habe.
Und: Mein Mann wär nicht mein Mann, hätte er nicht auf jede meiner Sorgen ein zuversichtliches Gegenargument.
LOVE
Ich weiß nicht, wie´s euch geht. Aber so aufgewühlt zu sein ist immer wahnsinnig anstrengend. Und nach so einer Anstrengung kommt immer der Hunger. Ich also zum Kühlschrank, öffne ihn und sehe da….
SPRUDEL & GURKE!!!
Aber dann.
Aber dann bleibt das Tier mit einem Ruck, mitten im Spazierengehen, mitten auf der Straße stehen, und es sagt ganz laut zu sich: "Sicherlich gibt es mich! Ich bin ich!“
Durch den Park, auf allen vieren, geht das ICH-BIN-ICH spazieren, freut sich an der schönen Welt, die ihm wieder gut gefällt.
Plötzlich sieht es überm Rasen lauter runde Seifenblasen. Viele helle bunte Bälle, große, kleine, zarte, feine, wie aus Glas- schön ist das!
Und das kleine ICH-BIN-ICH fliegt zur allergrößten hin, sieht sein eigenes Bild darin, sieht ein kleines ICH-BIN-ICH: Sich!
Patsch, da fährt es mit der Nase mitten in die Seifenblase, und der schöne Spiegelball, der zerplatzt mit leisem Knall.
"Macht nichts!", sagt das ICH-BIN-ICH. "War ja nur ein Spiegeltier! Es ist fort und ich bin hier. Ich bin hier - und diese Wiese, wo die bunten Blumen stehen, hab ich die nicht schon gesehen? So ein Glück, bin zurück auf der alten Wiese!"[1]
Mira Lobe.
Die große Mira Lobe.
An dieser Stelle muss ich mir jetzt irgendwie treu bleiben.
Deswegen bleibt mir jetzt auch gar nichts anderes übrig, als nochmal zu betonen, dass ich keine Neujahrsvorsätze habe.
Neuburger ist ja auch kein Leberkäs.
Aber ein Motto.
Also nicht der Leberkäs.
Ich hab ein Motto.
Kein Neujahrsvorsatz, aber ein Motto für das neue Jahr.
Auf 2025.
Auf Cucumber & Bubbles.
Und auf viel mehr Mira Lobe. Weil Seifenblasen auch sowas wie Bubbles sind.
Habt einen tollen Start ins neue Jahr, ihr Lieben! Es wird ein großartiges! Ich spür das <B
Alles Liebe,
eure Barbara
[1] Aus: Mira Lobe – Das kleine Ich bin Ich
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