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Warum Lernspiele wie Dinkelnudeln sind und Wäschetrockner ein Scheidungsgrund

Weihnachten. Schon wieder? Gerade sind wir noch im Bikini herumgelaufen, zack, Lebkuchen.

Oi.

Und ich schon wieder keine Geschenkideen. Vier Wochen hab´ ich ja noch.

Beziehungsweise NUR MEHR.


Als notorische Perfektionistin (zumindest in Teilbereichen) sind vier Wochen gaaaar nichts, sag ich euch. Mein Mann ist ja eher der 22. Dezember Typ. Reicht ihm vollkommen. Stressbefreit.

Kann ich gar nicht.

Gaaaar nicht.


Ich bin ja so der Es muss denjenigen vom Hocker-hauen-Schenker. Also die Idee muss so gut sein, dass der Beschenkte mindestens sprachlos ist. Werde dann aber ungewollt leider oft zum Last-Minute-Junkie-Schenker: „Schei.., Schei.., Schei.. . Ich hab´ noch immer nichts!“ Die Panik bricht aus, eine neue What´sApp Gruppe wird erstellt mit dem Titel „Selbsthilfegruppe Weihnachtsgeschenk“ oder ich fahr zu meinem Lieblings-Bücherturm im Ort, steck mein Baby in irgendein zuckersüßes Babyoutfit (dann sind nämlich immer alle ganz „huuu“ und „haaaa“ – verschafft den gewissen Vorteil (if you know what I mean)), wachel dann dort verzweifelt mit den Händen und sag sowas wie: „Ich brauch was für den Onkel Herbert. Aber bitte nichts Politisches, ich will nicht diskutieren.“ Und die retten mich dann ganz oft.


Tja.


Heuer gibt’s auf jeden Fall zu jedem Geschenk ein Packerl Dinkelnudeln dazu. Ich hatte da wieder mal so einen Moment von „Aber ab morgen ernähren wir uns dann wirklich wieder gesünder“. Muss wohl so gegen Jahresbeginn gewesen sein. Vermutlich nach Sylvester. Jedenfalls habe ich in diesem kurzen Anflug von ernährungstechnisch wertvoll kartonweise Dinkelnudeln bestellt. Vollkorn natürlich. Die sind nämlich so gesund. Und auch richtig lecker! Finde ich. Halt leider NUR ich. Meine Tochter hats zusammengefasst mit den Worten: „Weiiii!“ Also – an alle meine Freunde und Bekannten da draußen, die das jetzt lesen und in letzter Zeit Dinkelnudeln abgestaubt haben: „Ich find sie wirklich lecker! Ehrlich.“


Mein Mann hingegen, der ist eher der pragmatische Schenker (wie vermutlich einige Männer). „Meine Tennistasche ist hin. Brauchst du noch eine Geschenk-Idee für mich für Weihnachten?“ Werde ich persönlich natürlich nicht soo glücklich damit, weil es ihn mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit am Weihnachtsabend nicht vom Hocker haut, wenn er die Tasche sieht. Das genügt meinen perfektionistischen Ansätzen leider nicht, deshalb verbringe ich die restliche Vorweihnachtszeit dann damit, mir zu überlegen, ob ich nicht doch noch DAS ultimative Geschenk finde. Was dann damit endet, dass ich Abend für Abend stundenlang nach Ideen suche, um dann schlussendlich doch zu kapitulieren und eine Tennistasche zu besorgen. Vielleicht finde ich ja eine, die auch sprechen kann und Trainingstipps hat.


Diesem pragmatischen Ansatz kann ich persönlich ehrlicherweise ja nicht so viel abgewinnen. Ich finde halt, ein Geschenk sollte etwas sein, dass man sich selbst nicht kaufen würde oder noch besser - gar nicht käuflich ist - und man es sich aber wirklich wünscht. Oder so irgendwie.


Die Oberpragmatiker sind ja die Kategorie Menschen oder meistens Menschinnen, die sich zum 40er einen Wäschetrockner wünschen, weil ihnen das die Hausarbeit erleichtert. Oder noch besser: Die sich das gar nicht wünschen, wo aber der Lebenspartner die tolle Idee hatte, dass das DAS IDEALE Geschenk wäre. Man liebt ja sein Gegenüber schließlich und will wirklich nur das allerbeste für sie oder ihn. Man mag sie ja unterstützen. Und so ein Wäschetrockner ist wirklich ein Hit. Da kann man in kurzer Zeit viel mehr schmutzige Wäsche waschen, und muss gar nicht mehr so lange auf die Lieblingshose warten. Außerdem ist alles so schön flauschig. Ein echter Hit! Für die ganze Familie! Und schenkt man ja auch nicht alle Tage. Ist ja teuer so ein Gerät. Da legen dann alle zusammen. Ist ja schließlich zum 40er.


Ein Scheidungsgrund.


Sag ich ganz klar.


Weiß mein Mann.


Steht im Ehevertrag.


Wer da noch ein paar Tipps braucht… Gutschein für 5x Mist ausleeren wäre auch so ein Ding.


Apropos Gutscheine. Die gibt’s ja auch noch. Die Gutschein-Schenker. Also manchmal ist es ja tatsächlich so, dass man ein bestimmtes Geschenk einfach nur in Gutschein-Form schenken kann, weil es sich so schwer unter den Christbaum legen ließe. Die letzte Masseurin, die ich darunter legen wollte, ist vor mir davon gelaufen. Muss wohl an der roten Schleife gelegen haben, die ich ihr um den Bauch binden wollte.


Aber jetzt mal unter uns – Gutscheine sind schon praktisch, oder? Sei es, weil man ein eher unsympathisches emotionsbefreites Geschenk für einen eher unsympathischen emotionsbefreiten Menschen braucht, oder weil einem sonst auch nichts Besseres einfällt, oder, weil es wieder mal 5 vor 12 ist und man glücklicherweise die meisten Gutscheine eh schon daheim sofort ausdrucken kann und nur mehr ein hübsches Mascherl drumherum binden muss, oder weil man hofft, dass der Gutschein irgendwo in der Versenkung landet und eh nie eingelöst wird. Oder, weil man Zeit schinden will, oder muss, und die Einlösung erst irgendwann in einem Jahr stattfinden kann. Oder, weil man einmal einen emotionsbefreiten Gutschein geschenkt bekommen hat, der jetzt dringend eingelöst werden muss und man selber halt leider nie die Zeit dafür gefunden hat…


Wenn man allerdings nicht einmal weiß, welcher Gutschein passen könnte, gibt’s noch die Ich-geb-euch-Geld,-kauft´s-euch-was-Schönes-Schenker bzw. auf der anderen Seite die Wir-hätten-lieber-Geld-Wünscher. Eher in der näheren Verwandtschaft zu finden. Der Kategorie zwei dieser Gattung gehören auch wir manchmal an: Das Schlafzimmer, das wir uns seit drei Jahren jedes Jahr selbst schenken bzw. uns Geld dafür schenken lassen, steht noch immer im Schaufenster. Wir wissen nur leider noch nicht, in welchem.


Besonders beliebt sind auch die Wir-schenken-uns-nix-Schenker- und-dann-doch-mit-einem-kleinen-Geschenk-Ankommer. Uahhhhhhhhhhhhhhhhhh


Oder parallel dazu die Zurückgeber oder Umtauscher. Erstere sucht und findet man eher in der Generation 80+. Mein Großvater war ein Pro. Ich trau mich sogar behaupten, er hätte es erfunden. Jedes Mal, wenn wir mit einem eh schon super pragmatischem Geschenk (siehe oben) angetanzt sind, hat er es ausgepackt, kurz angeschaut (aber niemals geöffnet), das Packerl mit gestreckter Hand wieder zu uns hingehalten und gesagt –

Achtung! Jetzt kommts:

„Geh, nimms wieder mit. Das zahlt sich ja gar nicht mehr aus für mich.“


Er ist dann 95 geworden.


Dann gibt’s noch die klassischen Borger: Ich schenks dir und borgs mir dann aus. Eventuell für immer. Vermutlich eher unter den Geschwistern zu finden.


Oder die Spiegelverkehrten: Ich schenke dir, was ich selbst gerne hätte. Recht praktisch, wie ich finde. Und eine Person freut sich auf jeden Fall darüber… Ich hatte letztens die Idee, meiner Tochter ein Keyboard zum dritten Geburtstag zu schenken. Also nicht so einen rosa Plastikbomber auf vier Beinen und einem Hocker, sondern ein richtiges, echtes Keyboard. Für einen Bösendorfer war das Kinderzimmer leider zu klein. Herr Mozart hatte mit drei immerhin auch schon ein echtes Teil. Wegen der Talentförderung und so…


Was mich zum eigentlichen Thema des heutigen Tages bringt, nämlich zu den Lük-Kasten-Groupies. Das sind diejenigen, die, egal wem, und egal zu welchem Anlass, immer etwas pädagogisch Wertvolles schenken wollen. Vorrangig den Kindern. Die Kinder sollen spielen, aber auch immer etwas dabei lernen. Und diese Kategorie von Schenkern hat üblicherweise ein ganz präzises Auge. Die machen sich extrem viele Gedanken: Wo kann das Kind noch was brauchen? Was würde dem Kind noch helfen? Gibt es etwas, das ihm nicht so taugt, und wo man es auf unterhaltsame Art und Weise unterstützen könnte? Zum Beispiel, weil es nicht besonders gerne liest und mehr Freude daran gewinnen soll. Oder weil es sich beim Rechnen eh schon immer so schwer getan hat, oder weil die Fingerfertigkeit beim Malen und Basteln noch besser geübt werden kann usw. Meistens finden sich in dieser Kategorie die eigenen Eltern wieder, ganz oft aber auch Tanten. Echte, oder ausgeborgte. Oder aber auch instruierte Omis und Opis.


Die Idee dahinter sind die berühmten zwei Fliegen mit einer Klappe: Es gibt einen Anlass für ein Geschenk – wie jetzt zum Beispiel Weihnachten – und weil man eh schon was besorgen muss, dann nimmt man wenigstens gleich was Gscheites. Etwas, das das Kind unterstützen soll, den eher schwach ausgeprägten oder möglicherweise ohnehin schon festgestellten defizitären Lernbereich oder die bereits festgestellte Lernschwäche zu verbessern.


Und dazu gibt es eben jede Menge Lernspiele. Habt ihr sicher schon mal gesehen (oder auch gekauft), die kann man meistens eh schon gut an ihren bezeichnenden Namen erkennen, die klingen schon so unterhaltsam… . Da gibt es zum Beispiel: „Ich lerne lesen“, „Lustige Lernspiele“, „Mathe für Kids“, „Zahlendino“, usw.


Und weil es halt auch Lernspiel und nicht Spiellerne heißt, bedeutet das auch, dass man beim Lernen spielt. Nicht umgekehrt. Weil: Das wäre beim Spielen lernen. Same difference. Das sind tatsächlich zwei unterschiedliche Herangehensweisen: Ein Lernspiel ist eben Lernen in einem Spiel verpackt, ein Spiellerne hingegen wäre ein Spiel, bei dem ich „zufällig“ auch was lerne.


Es soll ja auch tatsächlich Kinder geben, die sich wirkliche, ehrlich und von ganzem Herzen ein Lernspiel wünschen. Habe ich jedenfalls gehört. Zugegeben: Meine gehören nicht dazu. Die ältere wünscht sich bekanntlich einen Flugruuucksaaaack! Als ich ganz vorsichtig versucht habe, ihr schonend beizubringen, dass das Christkind damit Schwierigkeiten haben wird, hat sie nur ganz trocken geantwortet: „Tja, liebes Christkind, dann musst du dich halt ein bissal bemühen.“

Aber sollte das mit dem Bemühen wirklich nicht hinhauen (alle Eltern von 5-jährigen kennen den darauf folgenden Ausdruck vermutlich: Zuerst kommt ein langgezogenes „Aaaaaaaaaa“, gleichzeitig werden die Augen so weit wie möglich nach oben und hinten gerollt, die Hände noch unten weggestreckt, der Kopf zuerst nach hinten überdehnt und dann nach vorne fallen gelassen, die Schultern klappen zusammen), dann hätte sie bitte gerne ein lila Einhorn mit der rosa Kutsche und der Königin darin.

Die 2-jährige will dann üblicherweise, was die Große auch will und die ganz Kleine antwortet immer nur mit „dadada“. Da muss ich noch mit dem Christkind konferieren, vielleicht kann es mir beim Übersetzen helfen.


Rosa Kutsche, lila Einhorn. Meine Mädels.


Aber wie gesagt, es soll sie ja tatsächlich geben. Die echten Lernspielkinder. Ein Brief ans Christkind von einem echten Lernspielkind klingt dann vermutlich auch ganz anders, nämlich ungefähr so:


„Liebes Christkind, ich wünsche mir zu Weihnachten sooooo seeehr

die Rechenstäbe. Die aus Holz. Aber bitte die farblosen bio, ohne Lack.

Die sind viel gesünder und wenn ich sie mal in den Mund stecke, nicht so schädlich.

Dann kann ich endlich Mathe üben! Hurraaaaaa! Ach ja, liebes Christkind, bitte sei so lieb, und bring sie dieses Jahr bitte mit dem Radl. Nicht fliegen, bitte.

Das wär´ wirklich super, wegen dem CO2 Footprint, ok?“


So schaut ein bemühtes Christkind aus, Freunde! Ha!


Mhm.


Da fällt mir nur folgendes ein: Dinkelnudeln. Zitat Kinder: „Weiiiii.“ Zitat Ende.


Ich mag Dinkelnudeln. Wirklich! Sind sehr gesund und schon auch gschmackig. Ich ess´ sie gerne. Super nahrhaft, gute Kohlehydrate, dada dada dada. Aber angenommen, ich würde in ein richtig gutes Lokal gehen, und es gäbe dort Dinkelnudeln. Ich würde ich sie mir nie bestellen. Ja: gesund, ja: gut, aber wenn ich in ein Lokal gehe, will ich das richtig gute Zeug.



Liebe Eltern, liebe (ausgeborgte) Tanten und liebe instruierte Omis und Opis: Solltet ihr daheim nicht zufällig eines dieser seltenen, quasi unauffindbaren Lernkinder haben, dann - ganz frei nach Frau Klinger: Bitte, bitte, bitte, lasst das Christkind keine Lernspiele schenken.


Das sind die Wäschetrockner unter den 40er Präsenten. Möglicherweise voll hilfreich, meistens aber ur fad. Oder um es ganz direkt auf den Punkt zu bringen: Kann man machen, wird aber Scheiße.


Denn, was man nicht außer Acht lassen sollte: In Wirklichkeit unterstreichen diese Spiele immer die Schwachstellen des jeweiligen Kindes. Sie sollen ihm zwar helfen, diese auszumerzen, fokussieren aber gleichzeitig immer die Bereiche, die es nicht gut kann, wo es Schwächen, oder sogar richtig gemeine Defizite hat. Das ist jedes Mal wieder auf die Wunde drücken. Das macht der Arzt oder in dem Fall der Lerndidaktiker, Legasthenie- oder Dyskalkulietrainer.


Lasst uns die Buhmänner sein, wir übernehmen das wirklich gerne! Aber bitte nicht das Christkind!

Das Christkind ist lieb. Wir mögen das Christkind. Das Christkind bringt die coolen Sachen, die lustigen, die, die Spaß machen, wo die Kinder vor Freude tanzen (im wahrsten Sinne) und es an Heilig Abend noch ihren besten Freunden zeigen wollen und am liebsten zum Schlafengehen mitnehmen wollen (auch wenn die Mamis und Papis der Ansicht sind, dass man auf einer Lego Ritterburg nicht so gut liegen kann).

DAS sind die guten Geschenke.

SO muss Weihnachten.


Und wer die Zeit vor Weihnachten trotzdem sinn- oder wertvoll nützen mag: Backt doch mal ein paar Kekse mit euren Kids. Da muss man Rezepte LESEN, Zutaten abwägen (RECHNEN), kneten, rollen, ausstechen, bröseln, tunken, bemalen, bestreuen, (FEINMOTORIK und KONZENTRIERTES ARBEITEN). Deckt fast alle möglichen Lernschwächen ab. Ein besseres Lernspiel gibt es fast gar nicht. Oder zumindest keines, das so gut schmeckt.


Alles Liebe und viel Spaß beim Mantschgern,

eure Barbara

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