H – Au! - sübung
- Barbara Kolinowitz
- 27. Mai
- 15 Min. Lesezeit
Kann das schon weg, oder muss das noch bleiben?
Der Beginn einer Fast-Petition.
Was vielleicht aussieht, wie ein fast perfektes Passwort mit Groß-, Kleinschreibung und vielen Sonderzeichen, ist die Zusammensetzung des Wortes „HAUSÜBUNG“ inklusive einer bemerkenswerten Entdeckung meinerseits.
Gleich mal vorneweg für alle, die sich jetzt denken „Hmmm…“ – NEIN, tatsächlich ist das kein von mir festgelegtes und gepflegtes PW, ich liebe meinen Job, aber so ein Nerd bin ich dann auch wieder nicht.
Und nein, ich hab auch kein „passendes“ Wunschkennzeichen auf unserem Boliden angebracht, das so, oder so ähnlich lautet. Wunschkennzeichen, die auf die eigene Profession hinweisen (sollen), find ich persönlich ja überhaupt recht spannend.
Bei uns in der Gegend ist zum Beispiel „WEIN-1“ sehr beliebt (gibt es dann auch in den Abwandlungen 2-8 und mit verschiedenen Bezirkszugehörigkeiten). Ich frage mich ja immer, wie viele Alko-Tests die Besitzer dieser Kennzeichen im Vergleich zum Durchschnittsösterreicher bisher durchführen mussten und ob es da vielleicht signifikante Abweichungen gibt.
Manche Eier legt man sich dann doch selbst. Alte Weisheit vom Osterhasen.
Großartig fand ich im Übrigen auch das Kennzeichen mit dem Berufshinweis „HL-JESU1“, oder „SP-RUNG1“. Letzteres gehört zu einem Herren mit dem Namen Thomas Morgenstern, hab ich mir sagen lassen.
„W-JACK1“ hat sich übrigens der Wiener Serienmörder Jack Unterweger auf seine Taferl „tätowieren“ lassen.
Ob die Polizei lange gebraucht hat, um ihn zu finden? Ich frag nur für den Osterhasen. Wegen dem Eierlegen wär´s…
Gut. Wunschkennzeichen wär jetzt eh net mein Ding, aber abgesehen davon – was sollte denn da stehen? „TU-LERNEN 1“ ist grammatikalisch schon recht fragwürdig und würde eventuell meine Fachkompetenz in Frage stellen.
Außerdem wär´s eh (Achtung, Spoiler-Alarm: Kleiner Wortwitz!) TU-LONG!
Wie auch immer.
Möglicherweise ist mir das Herzstück des Wortes HAUSÜBUNG erst aufgefallen, nachdem ich mich an eine andere, vergleichbare Anekdote erinnern musste. Nämlich die, an der, nachdem ich mich während des Hausbaus bei einem Freund der Familie und Architekten ein bisschen ausgeweint, und ihn gebeten hatte, sich das Ganze doch mal bitte anzuschauen. Der meinte dann nur ganz nüchtern:
„In dem Wort „BAU“ steckt halt das Wort AU.“
Kleine Anekdote zur Anekdote: DAS hat er gesagt, nachdem wir entdeckt haben, dass das Abflussrohr der zukünftigen Toilette mit Estrich verschlossen wurde. Dort, wo ein Loch hätte sein sollen (wegen dem Abfluss wär´s gewesen), war dann halt leider keins mehr. Daraufhin meinte besagter Architekt dann noch einen Tick trockener:
„Das ist natürlich Scheiße.“
Achtung: Der braucht ein bissal…
Und dann habe ich entdeckt, was auch er zuvor schon entdeckt hatte, nur in einem anderen Wort. Guckst du: In H-AU-SÜBUNG steckt nämlich auch das Wort AU.
Großartig, oder? Ich mein, nicht großartig, selbstverständlich. Aber großartig!
Worauf will ich hinaus? Auf das heutige Thema. Nämlich auf die Krux mit der HÜ.
Lassen wir mal kurz die Hausübungen außen vor, die eh gut gelingen, leicht von der Hand gehen, im Vorbeigehen gemeistert werden können und wenn vielleicht auch nicht mit besonderer Leidenschaft und Hingabe, aber doch ohne größere Vorkommnisse einfach so gemacht werden.
Bleiben wir bei denen, wo´s, wie´s, so schön heißt, hunzt und schauen wir uns an, woran das liegen könnte.
Dazu gibt es, wie eh fast immer, mehrere Möglichkeiten.
Manchmal, da will´s einfach nicht gelingen. Kann man nicht genau verorten warum, wieso, weshalb, manchmal, da ist es einfach so.
Gibt´s. Kennt jeder.
Manchmal, da liegt´s einfach am Tag. Das findet man bei den Kids genauso wie bei den Erwachsenen im Berufsleben. Manchmal, da dümpelt man den ganzen Tag so vor sich hin. Hat irgendwie keine Lust auf Nichts. Nicht einmal auf Ablenkungsmanöver, die die eigentlich zu erledigenden Tätigkeiten hinauszögern sollen. Dann vergeht der Tag irgendwie nicht und irgendwie doch und plötzlich ist es Abend und man bedauert sich selbst, weil man ja noch sooo viel zu tun hat.
Furchtbar. Kenn ich gut.
Manchmal, da tut man sich auch vorher schon leid, weil man weiß, was am heutigen Tag alles auf einen zukommt und man sich schon darauf einstellt, dass manche der Aufgaben oder Tätigkeiten, die noch vor einem liegen, nicht besonders prickelnd sind, oder vermeintlich (viel zu) viel Zeit in Anspruch nehmen, oder recht viel Konzentration und Energie verlangen, oder es ein unangenehmes oder unspannendes Thema ist, das man da bearbeiten soll. Und je mehr man darüber nachdenkt, desto schlimmer/länger/unangenehmer/unspannender/unprickelnder erscheint die Aufgabe und desto mehr bemitleidet man sich dann auch selbst.
Kenn ich auch. Auch furchtbar.
Manchmal, da hat man auch schlichtweg keine Lust, weil es so viele andere tolle Dinge gäbe, die man jetzt tun könnte und sich in dem Moment nur auf die Kür und nicht auf die Pflicht konzentrieren kann.
Kann ich auch mitreden.
Ich hab zum Beispiel mal wegen einer Prüfung auf eine Paris-Reise verzichtet, um sie dann schlussendlich eh nur zu versemmeln. Ich könnte mich heute noch dafür in den Hintern beißen. Also nicht wegen der Prüfung, das sollte in meinem Studium noch öfter passieren. Sondern wegen der Tatsache, dass ICH auf Paris verzichtet habe WEGEN dieser Prüfung. Die, mit Verlaub nicht einmal irgendwie lebensbereichernd war. Deswegen der Biss in den Allerwertesten.
Aber, nachdem ich das mit dem Hinternbeißen damals als 20-jährige schon nicht hinbekommen habe, habe ich nun als Ü40 Sorgen, mein restliches Leben lang als U-Hakerl herumlaufen zu müssen. Oh lá lá.
Hinternbeißen hin oder her, ganz bitter wird´s allerdings, wenn es bei der Hausübung zu einem täglichen Ringen zwischen der Hausübung, dem Kind und den Eltern kommt. Wo die Kinder schon prophylaktisch wütend werden, wenn sie nur an die Hausübung denken und die Eltern schon prophylaktisch nervös werden, wenn sie daran denken, wie wütend die Kinder wieder sein werden, wenn die an die Hausübung denken.
Schön regelmäßig sitzen dann besagt verzweifelte Eltern von besagt noch verzweifelteren Kindern bei mir in der Praxis und schildern mir Situationen von Kindern, die weinen, weil sie überfordert sind und Eltern, die gerne weinen würden, weil sie auch überfordert sind. Streitereien gepaart mit Wutanfällen (mal von der einen, dann von der anderen Seite). Mit etwas Glück verteilt sich das Ganze dann auch noch recht gemütlich über den ganzen Nachmittag, so dass am Ende des Tages bitte JA keine Zeit bleibt für Spielen im Garten oder sonstige Aktivitäten und man nach dem herrlichen Hausübungs-Nachmittag einfach nur volée Abendessen und - zack – ins Bett gehen kann.
Für die Eltern, die sich hier jetzt wiederfinden und meinen, JA, das wäre sooo frustrierend, ich kann noch eins drauflegen. Versprochen. Also bleibt dran. Kommt noch.
Ich möchte nämlich davor nochmal kurz zu den Eltern zurückkehren.
(Über die Lehrer trau ich mich diesmal eher nicht drüber. Sag ich gleich. Der Erdapfel ist mir zu heiß. Sorry).
Meinen Beobachtungen folgend gibt es da nämlich mehrere Kategorien von Hausübungs-Eltern:
Die Ehrg…, die „Strebsamen“ zum Beispiel, die finden, dass man gar nicht genug Hausübung haben kann. Die findet man meistens auch schon im Kindergarten. Das sind nämlich die, die gerne hätten, dass ihre Kinder viiiieeel mehr Arbeitsblätter machen, am liebsten beginnend mit dem Zeitpunkt, ab dem ihre Schnuckis den Faustgriff beherrschen und einen Stift mit zwei Händen oder den Lippen irgendwie umklammern können. Zu eurer Info: Faustgriff geht ab ca. 18 Monaten, nur, damit ihr da nichts versäumt.
Die werden aber noch getoppt von den Ehrg…, die „Strebsamen +“, aka hausgemachte Karriereschmieden. Das sind dann die Eltern, die nicht nur finden, dass mehr Hausübung dazu führt, dass ihre Kinder auch noch viel schlauer werden, sondern sich sicherheitshalber zusätzlich zu den vorhandenen Schulbüchern auch noch privat Übungsbücher für Zuhause zulegen, weil die Menge der Hausübung, die in der Schule aufgegeben wurde, ja eigentlich ein Witz ist. Der Spross soll ja auch mal ein Sprössling werden. Und irgendwann eine Königskerze. Oder so. Sicherheitshalber kann man dann als Ehrgeizler + Strebsamer + in den Schulbüchern schon vorarbeiten. Nur, um ganz sicher gehen zu können, dass sich der Stoff bis zum Ende des Schuljahres auch ja ausgeht.
Dann gibt’s auch noch die „Beklagenswerten“. Achtung: Nicht zu verwechseln mit den „Strebsamen“. Die haben dieselbe Grundidee, also mehr HÜ macht mehr schlau. Aber unterscheiden sich dann im Wesentlichen darin, dass sie finden, dass ihre Kinder grundsätzlich immer viel mehr Hausübung haben, als alle anderen Kinder und dass alle anderen Kinder eigentlich gar nicht das Recht hätten, sich jemals zu beklagen, nicht mal leise oder ansatzweise, weil: Eh alles nur Beckenrandschwimmer. IHR Kind ist jedenfalls viel ärmer!!
Eine eigene Kategorie bilden dann auch noch die „Ghostwriter“. Das sind die, die die Hausübung lieber gleich selbst in die Hand nehmen, sei´s aus Schutz des Kindes oder purem Eigenschutz. Die einen so, die anderen so.
Dann gibt´s auch noch die „SO geht das aber wirklich nicht - Eltern“. Die haben ihr Kind zur Welt gebracht und am Nachhauseweg von der Geburtsklinik direkt in einem Schreibwarengeschäft Halt gemacht, um sich dort einen lebenslangen Vorrat an Radiergummis und Tintenkillern zuzulegen.
Immer wieder anzutreffen sind die „Tief-in-meinem-Herzen-bin-ich-der-bessere-Lehrer – Eltern“ – oft fachmännisch unterstützt von den „Tief-in-meinem-Herzen-bin-ich-der-bessere-Lehrer – Großeltern“. Klassische Aussagen dieser Kategorie wäre vermutlich sowas wie: „Was??? SOO habt ihr das gelernt? Das is ja ein Blödsinn! Das geht ja anders viel besser! Ich zeig dir das mal!“
Auf der anderen Seite gibt´s dann auch noch die „Laissez-faires“ und wirklich ganz, ganz am anderen Ende die Waluliso-Eltern[1]. Die Laissez-faires sind solche Eltern, die ein absolutes Urvertrauen in das Gelingen der Hausübung und überhaupt in das ganze Zusammenspiel der freien Weltwirtschaft setzen. Ganz nach dem Motto: Alles wird sich ergeben, je weniger wir eingreifen, desto besser. Oft dreht sich hier der Spieß um, und die Kinder haben das Bedürfnis den Eltern am Abend vor dem Schlafengehen zu erzählen, dass sie eh die Hausübung gemacht haben und alles erledigt ist.
Die Walulisos legen noch ein Schauferl drauf: „Na? Hast du heute keine Lust auf Hausübung? Nein? Also ich bin ja ganz beeindruckt, mein Engelchen! Jaaa, wirklich! Ich finde das sooo toll, dass du in deinem Alter deine Bedürfnisse schon so gut erkennen und sie dir erfüllen kannst. Waaaaahnsiiiiiinnn!“
Und dann gibt´s noch die Potpourristen. Die können einmal alles. Je nach Tagesverfassung reicht da die Bandbreite von „So geht das aber wirklich nicht“ bis zur absolut freien Marktwirtschaft inklusiver magischer Hand, mit dem Urvertrauen, dass diese dann schon alles in die rechten Wege leiten wird. Sorgt schön regelmäßig für absolute Verwirrung unter den Kindern, weil die halt selten wissen, was sie in dem Überraschungspaket heute erwartet. „Muss ich jetzt schön schreiben, oder is es jetzt eh wurscht?“
Ach ja.
Herrlich.
Das Schöne an der Sache ist, ob, und wenn ja, in welcher Kategorie ihr euch selbst wiederfindet, ist an dieser Stelle jetzt auch ziemlich wurscht.
Ich habe euch ja vorhin versprochen, ich kann das Ganze noch toppen!
Wenn ich nämlich dann solche verzweifelten Eltern vor mir sitzen habe, die mir dann ihre Hausübungs-Situationen schildern, wo´s einfach nur mehr eskaliert, wo es jeden Tag wieder dieselben Kämpfe gibt, wo das Kind weint und schreit und die Eltern fertig sind mit ihrem Latein und ihren Nerven und sich das tagtäglich von Neuem abspielt, drängt sich mir schon immer wieder leise die Frage auf:
„Na wie sinnvoll sind denn in dem Fall dann die Hausübungen für dieses Kind noch?“
Und wer mich kennt, den wird´s jetzt freilich nicht wundern, wenn ich euch erzähle, dass ich dann – quasi Tabula rasa – einmal gleich mit dem ganzen Thema aufgeräumt habe und mich ganz generell gefragt hab:
„Na wie sinnvoll sind denn Hausübungen ÜBERHAUPT?“
Führt es denn wirklich dazu, dass die Kinder mehr können, schneller lernen, sich Dinge besser merken, wenn sie täglich Hausübungen schreiben?
ACHTUNG: Spoiler! – ATTENTION: Spoiler! – ATTENTION: Spoiläääääär!
Ich sag mal so: Ich hab da etwas recherchiert…
Das Thema ist keine neues, deswegen gibt es da gleich mehrere Studien über einen relativ großen Zeitraum hinweg. Ich habe mal gekramt und einiges gefunden. Eines der ältesten Werke, das mir dabei untergekommen ist, stammt schon aus dem Jahre 1964 und trägt den vielversprechenden Titel: „Vom Sinn und Unsinn der Hausaufgaben“. Da hat ein deutscher Pädagoge über mehrere Monate und unterschiedliche Schulstufen hinweg überprüft, wie sich das Weglassen der Hausübungen auf die Leistungen der Kinder auswirkt. Also ob Hausübungen dazu führen, dass die Leistungen der Kinder steigen bzw. ob das Weglassen von Hausübungen dazu führt, dass die Leistungen der Kinder abfallen. Und, wie in der wissenschaftlichen Forschung üblich, hatte er dafür nicht nur eine „Forschungsgruppe“, sondern auch eine „Kontrollgruppe“ eingerichtet. Bei den Teilnehmern in der Forschungsgruppe hat er die Hausübungen weggelassen, bei der Kontrollgruppe hat er sie beibehalten mit dem Ergebnis, dass sich „[im Rechnen] nach Ablauf der vier Monate alle Klassen ohne Zusatzaufgaben zu Hause sogar bessere Leistungen zeigten, als die Klassen mit den Hausübungen“.[2]
Der Erziehungswissenschaftler Johann Gängler hat´s dann noch deutlicher formuliert:
„Ob man also die Mathe-Hausaufgaben direkt nach der Schule, nachts unter der Bettdecke oder überhaupt nicht macht: Der Effekt auf die Zeugniszensur ist derselbe, nämlich gleich null.“[3]
In den 2000er Jahren hat man in der Schweiz eine ähnliche Studie durchgeführt. Und zwar hat man in einem schweizer Kanton entschieden, die Hausübungen komplett abzuschaffen. Gleichzeitig, quasi als Kompensation hat man den Unterricht um eine (in Zahlen: 1!) Wochenstunde erhöht. Das Ergebnis? Sehr spannend! Wiederum hat sich nämlich herausgestellt, dass das Durchführen bzw. Weglassen von Hausübungen keinen signifikanten Unterschied in den Leistungen der Schüler herbeigeführt hat. Also, dass die Kinder durch die Hausaufgaben nicht mehr profitiert haben, als durch die eine Stunde (pro Woche!) mehr Unterricht. Gleichzeitig, und das ist jetzt das Bemerkenswerte daran, waren die Kinder allerdings motivierter und hatten eine positivere Einstellung gegenüber der Schule, weil die Belastung und der Druck durch das Wegfallen der Hausaufgaben geringer geworden sind.[4]
Wer sich jetzt denkt: Uh, wow! Cool!
Nope.
Weil, was ist passiert?
Derselbe Kanton hat die Hausübungen wieder eingeführt und das, obwohl die Ergebnisse dieses Versuchsballons so positiv waren. Warum? Weil der Druck durch die Politik und die Gesellschaft zu groß geworden ist. Ich interpretiere das so, dass der Grund dafür der war, dass die Menschen die traditionelle Sichtweise zum Thema Hausübung so verinnerlicht haben und sich eine Schule ohne Hausübung einfach gar nicht vorstellen konnten. Am Ende des Tages war es also offenbar nicht möglich, tatsächlich laut und öffentlich zu hinterfragen, ob Hausübungen überhaupt noch sinnvoll sind und den Mehrwert liefern, den wir dahinter vermuten.
DAS, liebe Leserinnen und Leser, finde ich, toppt in puncto Frust doch alles, oder etwa nicht? Da hat man eh schon von Vornherein keine Lust etwas zu machen, es frisst nur Zeit, führt nur zu Zoff und Streitereien und dann stellt sich auch noch heraus, dass die ganze Übung eigentlich am Ende nur für die berühmten Würste war.
An alle frustrierten Eltern: Gut, gell? Ich hab ja versprochen, ich könnt´s noch toppen! Wer´s noch nicht geschafft hat und jetzt noch immer keinen Tick frustrierter ist, der möge einfach weiterleisen, weil:
Ich habe danach noch weiter recherchiert und noch eine andere, interessante Studie gefunden. Ich wollte nämlich herausfinden, ob es nicht auch noch Studien mit einer anderen Meinung gibt. Gibt es. John Hattie[5], ein australischer Bildungsforscher und sein Forschungsteam haben nämlich herausgefunden, dass man, um eine positive Wirksamkeit bei Hausübungen zu erlangen, unterscheiden muss, um welche Schulstufe es sich handelt. Sie meinen, dass Hausübungen im Grundschul-(Volksschul-)alter wenig bis keinen Mehrwert liefern, in den höheren Schulen dann eher schon. Allerdings hängt der Grad des Mehrwerts auch stark mit dem Grad der Motivation und der Selbstorganisation des Kindes zusammen. Das wiederum bedeutet: Ist das Kind sehr motiviert und gut selbstorganisiert, funktionierts auch mit den Hausübungen gut und bringen die Hausübungen auch was. Umgekehrt: Fühlt sich das Kind wenig motiviert und nicht selbst organisiert, führen auch die Hausübungen nicht unbedingt dazu, dass sich die Kinder daraus viel mitnehmen und lernen können.
Ganz unwissenschaftlich würde ich an dieser Stelle jetzt etwas lapidar rausschnupfen: Eh kloa.
Wenn das Kind nämlich schon recht widerwillig bei der HÜ sitzt,
weil es sich vielleicht in dem Fach schwertut,
weil es für das Kind vielleicht nicht leicht von der Hand geht, sondern anstrengend ist,
weil es vielleicht den Sinn dahinter nicht begreifen kann,
weil es vielleicht gerade viele andere Dinge im Kopf hat, die aus Sicht des Kindes jetzt gerade spannender wären,
weil es vielleicht weiß, dass es da durch muss, koste es, was es wolle,
weil es vielleicht auch schon ahnt, dass es eh wieder nur Zoff gibt, wenn´s dann soweit ist,
weil es das Gefühl hat, diese riesige Menge überhaupt gar nicht bewältigen zu können und auch gar keine Idee hat, wie man sich das aufteilen könnte,
weil es dann am Ende des Tages zwar immer irgendwie die Hausübung erledigt hat, aber die Frau Lehrerin sie vielleicht nicht schön oder ordentlich genug findet und die Hausübung dann erst recht noch einmal gemacht werden muss,
weil die Mama oder der Papa vielleicht gerade nicht da sind, die aber sonst immer bei der Hausübung dabeisitzen und dem Kind genau ansagen, wie´s geht und es ohne sie einfach nicht geht,
oder weil…?
Welches Kind, frage ich mich, nimmt sich in so einer Situation noch was mit und lernt dabei auch noch was?
Eh kloa, werdet ihr jetzt vielleicht auch sagen.
Hilft aber nix.
Werdet ihr vielleicht auch sagen.
Stimmt.
Sag ich.
Aber was könnten wir tun?
Eine Petition wär eine Möglichkeit. Wer daheim irgendwo im Keller vielleicht noch eine Lobby dafür hat, darf sich gerne bei mir melden. Ich bin dann jedenfalls dabei.
Und sonst?
Und sonst würde ich mal checken, ob dein Kind vielleicht eh motiviert ist und selbst organisiert. Und wenn nicht, würde ich mal herausfinden, welches oder welche der obigen WEILs vielleicht auch auf dein Kind zutreffen und was es bräuchte, damit das anders wird.
Noch was?
Ja! Du könntest selbstverständlich auch das Gespräch mit der Lehrerin/dem Lehrer/den Lehrern suchen. Weil: Wir können nicht davon ausgehen, dass die Lehrer wissen, wie das jeweilige Kind mit den Hausübungen daheim umgeht. (Tun wir aber sehr gerne. Also annehmen, dass sie eh wissen, wie das ist.). Würde ich aber nicht. Weil: Sie sind ja nicht dabei, wenn das Kind (vielleicht sogar täglich) weint und tobt und schreit, wenn es wütend, verzweifelt, nervös und vollkommen aus dem Häuschen ist. Wenn es Schritt für Schritt sein Selbstbewusstsein, seine Motivation und die Freude am Lernen verliert. Wenn es dann vielleicht irgendwann gar nicht mehr will und vollkommen blockiert.
„Kinder statt Partys“ meinte mal eine ehemalige Bildungsministerin.
„Reden statt Weinen“ meine ich.
Im österreichischen Gesetzestext[6] ist nämlich nicht verankert, wie eine Hausübung auszusehen hat. Darin steht im Übrigen nicht einmal, dass es eine Hausübung geben muss.
Na dann? Weg damit, oder?
Ich sag´s, wie´s is: Ich bin zwiegespalten. Einerseits ist es ja wissenschaftlich erwiesen, dass man sich Dinge besser merkt, schneller lernt, wenn man sie öfter übt. Die Wiederholung dabei ist wichtig. Andererseits bringt das ganze Üben nix, wenn ich frustriert bin, mit den Gedanken ganz woanders bin und / oder vielleicht ohnehin nie verstanden habe, worum´s eigentlich geht.
Deswegen:
Wenn´s bei euch daheim schön regelmäßig eskaliert und die Situation mehr hinderlich, als förderlich ist, holt euch einen Termin, redet mit den Lehrkräften. Nicht über KidsFox oder Ähnlichem. Persönlich. Face 2 face. Gemeinsam. Reden. So in Echt.
Erzählt und erklärt ihnen von den Hausübungs-Situationen. Bringt Ideen und Vorschläge ein. Holt euch auch Ideen und Vorschläge. Stellt Fragen. Hinterfragt durchaus auch mal. Hört euch eventuell auch mal Verbesserungsvorschläge der Lehrer an. Bringt vielleicht auch mal welche ein. Bittet gerne auch mal um Hilfe und Unterstützung. Und dann probiert einfach mal verschiedene Varianten aus und bewertet deren Erfolg.
Ich erlebe immer wieder die Situation, wo sich Eltern bei mir ausweinen, weil sie fest davon überzeugt sind, dass das so ist und so bleibt und dass man da eh nix ändern kann. Das es also überhaupt nix bringt, auf die Lehrer zuzugehen. Und, dass man sowieso immer am kürzeren Ast säße.
Ich erlebe aber auch immer wieder Gespräche mit Lehrern, die für total viel offen sind. Die froh sind darüber, dass man auf sie zugekommen ist. Die dankbar dafür sind, dass man sich Gedanken gemacht hat. Die erleichtert darüber sind, weil sie jetzt das Gefühl haben, da wird gesehen, überlegt, geholfen. Die unterstützen wollen, aber vielleicht im Moment auch mit ihrer Weisheit am Ende stehen.
Der Ordnung halber möchte ich noch erwähnt haben:
Auch, wenn mal als Elternteil frustriert ist: Mit dem Popo ins Gesicht war noch nie eine gute Idee. Genau so wenig, wie mit dem Gesetzestext in der Hand.
Gilt im Übrigen auch für die Lehrer. Ich sag´s nur. Der Ordnung halber.
Stattdessen:
Kein Oben.
Kein Unten.
Auf Augenhöhe.
Im Übrigen DIE Ausgangsposition mit der besten Sichtweite. Wie beim Dolby Surround: Mitte Mitte.
Zum Schluss noch ein paar kleine Tipps, die ich eh immer wieder bringe, aber hier halt nochmal kurz, knackig und gesammelt für euch zusammenfassen mag.
Überschrift: Wie´s mit der HÜ besser funktionieren kann
Beginnt mit einem kurzen (gemeinsamen) Spiel – so kommt dein Kind gut und schnell in die Konzentration und in eine angenehmere Stimmung (Uno, Kniffel, Micado, Trumpf, Bewegungsgeschichte…) und stellt (als Belohnung) noch ein weiteres Spiel am Ende in Aussicht. Das Spiel sollte tatsächlich nur um die 5min dauern und als Appetizer dienen
Beachtet das Energielevel – fällt dein Kind vielleicht gerade ins Suppenkoma nach dem Mittagessen? Dann wird ein anderer Zeitpunkt für die Hausübung vielleicht zielführender sein, als dieser
Kleine Portionen statt dem großen Ganzen: Teilt die Hausübung in einzelne Portionen auf, dazwischen gibt es 5min HÜ-Pausen
Küchentisch oder Schreibtisch? Das ist Geschmackssache. Wo fühlt sich dein Kind wohl und hat ausreichend Platz?
Ist es rundherum vielleicht zu laut? Dann versucht es mal mit Kopfhörern.
Musik? Why not? Am besten nur instrumentale, leise Musik im Hintergrund ohne Texte zum Mitsingen, das lenkt ab
Bildschirmzeit? Nicht vor der Hausübung und nicht in den kurzen Pausen zwischen den einzelnen HÜ-Portionen. Unser Gehirn braucht nämlich wahnsinnig viel Energie, um (im Falle von Videos und Co) diese tausende, schnellen Bilder unterlegt mit Stimmen und Musik zu verarbeiten. Danach ist es meistens extrem müde. Ein schlechter Zeitpunkt, um dann noch konzentriert zu arbeiten. Also lieber zuerst HÜ und dann Bildschirm.
Lass dein Kind möglichst selbständig arbeiten, lass es aber nicht im Stich. Behutsames Begleiten und behutsames sich selbst Entfernen lautet das Motto. Kann das Kind nämlich eine Aufgabe selbst lösen, erlebt es einen Erfolgsmoment, ein: „He, das kann ich schon! Cool!“. Wird dieselbe Aufgabe aber entweder nur mit Hilfe von oder gleich direkt von den Eltern gelöst, bleibt das eigene Erfolgserlebnis aus und wird dann zu einem „Ich kann das nicht. Ich kann das einfach nicht!“ und die Frustspirale dreht sich weiter nach unten.
Fehler selbst finden lassen ist eine ganz zentrale Übung. Für die Kinder. Und die Eltern. Wie man das anstellen kann, ohne dabei das Kind zu frustrieren, darüber geht´s in meinem letzten Blog: Der Blog ist ja kein Wunschkonzert.
Die gute Nachricht zum Schluss: Wenn´s AU zu groß ist und es irgendwie einfach nicht flutscht, macht´s vielleicht auch Sinn, das Ganze mal auszulagern. Zum Beispiel an mich. Gemeinsam können wir uns dann anschauen, woran´s liegt und was es braucht, damit´s wieder – wie unsere lieben Freunde aus dem Süden sagen würden: Laft.
Wenn du also Hilfe brauchst, komm gerne zu mir.
WIE du zu mir kommst, findest du hier: https://www.lern-berufsberatung.at/
In diesem Sinne: Weniger AU, mehr WOW.
Puh.
Den hab ich jetzt rausghaut.
Einfach so.
Not bad, ha?
Da staun ich selbst.
Naja. Wenn das mit dem Bloggen nix wird, mach ich zukünftig einfach Werbekampagnen für österreichische Politparteien. Die fänden´s bestimmt gut.
Alsdann, ihr Lieben,
bis zum nächsten Mal,
ich freu mich!
Alles Liebe,
Eure Barbara
[1] Benannt nach Waluliso, einem Wiener Original, im bürgerlichen Namen: Ludwig Weinberger mit dem Pseudonym Waluliso von: Wald – Luft – Liebe – Sonne, https://de.wikipedia.org/wiki/Waluliso
[2] Quelle: Deutsches Schulportal
[3] Quelle: Deutsches Schulportal
[4] Quelle: Integrierte und traditionelle Hausaufgaben UND Sind Hausaufgaben noch sinnvoll, oder sollten wir sie abschaffen?
[5] Visible Learning and the Science of How We Learn, John Hattie, Gregory C. R. Yates, 2009
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